Erlebte Trauerrituale: wie sie helfen

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Trauer ist der Ausnahmezustand der Seele, meinte schon Autor Klaus Ender. Erlebte Trauerrituale schützen vor dem Versinken ins Uferlose und in die Verzweiflung. Rituale sind hier notwendig – Not wendend. Hier ermöglichen erlebte Trauerrituale dem Verstorbenen nahe zu sein, Danke zu sagen, Gefühle und Gedanken anzusprechen. In dieser Kreativität lernen wir auf natürliche Weise zu trauern und alte Glaubensmuster wie „was denken die anderen Leute“ hinter uns zulassen. Hier einige Beispiele.

Das Trauerfloss

Das wird in anderen Ländern als erlebte Trauerrituale durchgeführt z. B. in Indien, wo für die Verstorbenen eine kleine Laterne mit einer Kerze dem Fluss übergeben wird, damit ihre Seele frei wird. Auch ich konnte das für mich machen, indem ich eine kleine selbstgebastelte Laterne mit einer kleinen Kerze dem Bach übergeben habe, damit meine Trauer und meine Erinnerung an meinem verstorbenen Mann im Licht weitergegeben werden.

Grabgeschenke

Gerade für Kinder ist das Symbolische eine große Unterstützung, um Abschied von ihrem geliebten Menschen zu nehmen. Hier gibt es viele Möglichkeiten. Das können selbstgebastelte Herzen z. B. getöpfert, aus Papier oder einem anderen Material sein. Das kann ein gemaltes Bild sein oder ein Abschiedsbrief, in den Sie alles hineinschreiben, was Ihnen am Herzen liegt. Für Erwachsene wäre das ohnehin eine gute Möglichkeit dies als erlebte Trauerrituale zu empfinden. Auch bemalte Steine sind hier sehr hilfreich.

Luftballon steigen

Vor allem für Kinder ist das ein sehr liebevolles Trauer- und Abschiedsritual. Entweder am Grab oder zu Hause einen Luftballon in Herzform oder in einer bestimmten Farbe, die sich das Kind aussucht. Sie lassen ihn am Grab in die Luft steigen und sagen dem Kind, dass die Seele jetzt frei und glücklich ist. Somit kann dies als Symbol für das Kind gelten, um mit den Abschied leichter umgehen zu können.

Sandspiel

Weitere erlebte Trauerrituale gibt es mit einem Sandkasten. In diesen legen Sie mit verschiedenen Gegenständen aus der Natur – wie Steine, Muscheln, Zweige, Zapfen, Blüten – sowie Perlen, Teelichter und andere Symbole. So stellen Sie den eigenen Trauerweg, die innere Verfassung und den eigenen Raum zum Nachspüren dar. Das kann eine Art Tagebuch werden, um sichtbare Ausdrucksformen zu finden. Diese Bilder können Sie fotografieren, um den Verlauf und die Entwicklung sichtbar zu machen. So ist die Möglichkeit gegeben, dass Veränderungen intensiver wahrgenommen werden. Für Kinder ist das sehr hilfreich und hier ist die Kreativität unbegrenzt. Ein Beispiel ist einen himmlischen Garten zu gestalten.                                  

Abschiedskoffer oder den letzten Reisekoffer packen

Hier habe ich ein eigenes Beispiel eines erlebten Trauerrituals. Eine 92-jährige Frau, sehr gebildet, war die letzten eineinhalb Jahre zu Hause und konnte die Wohnung nicht mehr verlassen, da sie zu schwach war. Sie hatte ein klares Bewusstsein und wollte das letzte halbe Jahr nicht mehr leben. Sie sagte: „Ich bin des Lebens müde.“ Außerdem hatte sie eine 24-Stunden-Betreuung.

Ich hatte mit ihr schon öfter über das Sterben gesprochen und fragte sie ob sie einen letzten Reisekoffer packen möchte. Sie sagte „ja“. Ich suchte einen Koffer in der Wohnung, in den wir alles gaben, das ihr im Leben wichtig war. Das waren das Maturazeugnis, das Buch, indem sie ihre Liebesgeschichte veröffentlicht wurde. Dann ihre Schwimmsachen, da sie so gerne früher schwimmen ging. Fotos und Zeitschriften. Im Zuge des Findens der Utensilien, tauchten auch ca. 30 Tagebücher auf, die ich ihr in die Nähe ihres Sessels aufstapelte, damit sie sie noch lesen konnte.

Den Koffer stellten wir in ihr Blickfeld. Jedes Mal, wenn sie ihn anschaute konnte sie sich bewusst wieder ein Stück von ihrem bisherigen Leben verabschieden. Sie war dadurch ruhiger und mit sich im Reinen. Bis zu ihrem Tod las sie alle Tagebücher und konnte so nochmals bewusst, ihr Leben reflektieren. Mit ihrem Sohn teilte sie die gewonnenen Einblicke und Erkenntnisse. Das unterstützte sie, ihr Leben zu verabschieden. Zwei Wochen bevor sie starb, teilte sie allen bewusst und klar mit (Arzt, Sohn, Betreuerin und mir), sie möchte sterben. Sie begann nichts mehr zu essen und zu trinken. Wir respektierten dies und so konnte sie sich drei Tage nochmals von ihrem Bruder verabschieden und drei Tage später schlief sie friedlich in der Nacht ein. Diese Möglichkeit einer bewussten Sterbebegleitung gibt es auch. Für die Dame war das sicherlich ein friedlicher Tod und ein ruhiges Sterben.

Bitte kontaktieren Sie mich, wenn Sie Fragen haben.

Foto: 123rf.com/Pavel Kibenko